Lego. Und Neujahr. Tod. Und Neubeginn.

Lego. Und Neujahr.

Tod. Und Neubeginn.

Es ist Morgen. Und die Menschen um mich herum schlafen noch tief. Denn gestern Abend wurde wild oder laut oder mit Alkohol die Nacht des "neuen Jahres" gefeiert.

Ich war nicht in der Stimmung mitzufeiern.

Einerseits "interessiert" mich das Feuerwerk-Alkohol-Theater nicht. Andererseits macht es für mich viel mehr Sinn am 21. Dezember den Tod und den Neubeginn zu "feiern".

Doch wenn ich denke: "es interessiert micht nicht" - was geschieht dann in mir? Verhärtung, Distanz, Desinteresse, Anspannung, vielleicht sogar Schmerz...

Was, wenn ich mich einfach so sehr danach sehne, Teil von einer Gemeinschaft zu sein? Was, wenn ich mit dem Gedanken oder den Worten "es interessiert mich nicht" eigentlich versuche, mich vor dem Schmerz zu schützen?

Mit meinem Sohn fange ich erst an zu begreifen, dass ich meinen eigenen Schmerz nicht anschauen wollte und durch mein Handeln dann Schmerz verursachte bei ihm.

Ist das denn immer so? Wenn ich meinen eigenen Schmerz nicht wahrhaben und ansehen will, dann verletze ich? Wenn ich meinen Schmerz, die Kindheit und Eltern gehabt zu haben, die ich hatte, nicht ansehen will und dann den Kontakt zu meiner Mutter abbreche, ist dies dann ebenfalls Schmerz, den ich verursache, weil ich meinen nicht zu mir nehmen möchte?

Geschieht irgend etwas jemandem "zu recht"? Ist irgend ein Schmerz "verdient"? Wer hat Schuld? Ich oder meine Mutter? Ich als Mutter oder mein Sohn?

Wenn ein Partner mich "betrügt" - ist er dann Schuld und ich bin das arme Opfer? Oder bin ich Schuld, weil ich mich nicht offen genug verhalte und eine kontrollsüchtige böse - und auch noch eifersüchtige Frau bin?

Wenn meine Freundin mich mit giftigen Seitenhieben um sich schlägt und ich ausraste und mit geballter Wut antworte - bin dann ich Schuld, weil ich gesellschaftlich verkannt als Frau schreie und zerstöre? Oder ist sie Schuld, weil sie nicht gelernt hat, ihre Wut konstruktiv auszudrücken sondern unterdrückt und mir dann zwischen den Zeilen entgegenwirft?

Wenn ein Mensch ihre Tochter - ohne es mit mir vorher besprochen zu haben - von einem Freund bringen lässt, damit die Tochter den Nachmittag mit mir und meinem Sohn verbringen kann und ich daraufhin an die Decke gehe und nach unerfolgreichen Telefonversuchen eine sehr wütende Sprachnachricht sende, ist sie dann "selber Schuld", weil sie die Verantwortung für sich und ihre Tochter nicht zu sich genommen hat und ihre Tochter bei mir "abdrückt" um selbst die Sauna geniessen geht? Oder bin ich Schuld, weil ich meine Verantwortung für meine Gefühle nicht zu mir nehme und sie anderen an den Kopf werfe?

Wenn ein Mensch den eigenen Sohn beschimpft, weil er sich Unterstützung wünscht, ist er dann ein schuldiger Arsch? Oder ist der Sohn ein Arsch, der nicht zum Gruppenwohlsein beigetragen hat? Hat er NICHT zur Gruppe beigetragen? Oder wird seine Art in unserer Kultur - wo Wut verpönt und Werte wie Hilfe und Friede auf einem Podest stehen - "falsch" gedeutet und verstanden?

Wenn mein Sohn immer wieder zu mir kommt und anschuldigende Erklärungen über die Jungs um sich herum abgibt, ist er dann falsch, weil er sich als Engel beschreibt, anstatt zu der "Wahrheit" steht und "ehrlich" zugibt, dass auch er ein Bengel ist? Oder bin ich falsch, weil ich mir seine Geschichte anhöre und versuche, zu verstehen, was hinter seinen Worten steckt? Sein Wunsch, dazuzugehören und geliebt und anerkannt zu sein? Verwöhne ich ihn jetzt plötzlich zu sehr und sollter härter zu ihm sein? Sollte ich ihm die Leviten lesen - darüber, was in unserer Welt richtig und was falsch ist?

Weiss ich denn, was richtig und was falsch ist? Weiss das irgendjemand?

Ich liebe Menschen. Und vielleicht habe ich Glück, und die Menschen um mich herum erkennen meine Ausdrucksform (inklusive anschreien und Bücher andrehen) als Form der Liebe. Doch vielleicht, vielleicht wird meine Art zu Lieben in dieser Gesellschaft oft als Ablehnung und Anti-Liebes-Beweis verstanden? Vielleicht kann ich lernen, auf den Berg meiner Geliebten zu klettern und verstehen lernen, welche Art der Liebe sie verstehen können, sodass ich keinen Schmerz verursache? Vielleicht kann ich auch lernen, meinen eigenen Schmerz hinzunehmen, seinzulassen und - irgendwann dann vielleicht - ihn auch auszudrücken.

Bitte vergib mir.

Amama, uah noa

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